Turmuhr-Schlagwerk

19. Dezember 1958, Hann. Allg. Zeitung

Hundert Jahre Kirchenuhr

An dem sehr alten Wehrturm der alten Holtenser Kirche befand sich noch vor 100 Jahren ein sehr altes schmiedeeisernes Uhrwerk. Wie aus den Aufzeichnungen des damaligen Holtenser Küsters und Lehrers Johann Henning Christoph Rogge hervorgeht,  waren die Buchsen des Uhrwerks ausgeschliffen und ihre Zahnräder vollkommen abgenutzt, so dass eine Reparatur des Werkes nicht mehr lohnte. Daher beschloss der Holtenser Kirchenvorstand im Jahre 1858, eine neue Kirchenuhr anzuschaffen. Diese wurde im Juli 1858 nicht an der Stelle des alten Uhrwerks, die noch heute festzustellen ist, sondern in einem tiefer gelegenen Stockwerk des Kirchturmes aufgestellt.

Das Stundenschlagen der alten Uhr war wenig zu hören gewesen, da die eine der beiden im Innern des Kirchturms hängenden Läuteglocken als Schlagglocke gedient hatte. Da die Kirchenvorsteher der Kirchspielgemeinden Evestorf und Bredenbeck mit Steinkrug den Antrag der Kirchengemeinde Holtensen in der Mehrheit abgelehnt hatten,  eine an der Außenseite des Turmhelms anzubringende, weithin tönende Schlagglocke anzuschaffen, beschloss die Gemeinde Holtensen, eine solche aus der Gemeindekasse zu bezahlen und auf den Turm zu bringen. Am 24. März 1858 wurde zwischen dem Ortsvorsteher Bullerdiek und dem Beigeordneten F. Rodenberg namens der Gemeinde Holtensen einerseits und dem Glockengießer F. Dreyer in Linden andererseits wegen Lieferung einer neuen Glocke ein Vertrag des Inhalts geschlossen, dass die Glocke von dem gebräuchlichen, bestem Metall gegossen und von gutem, möglichste starkem und hellem Klang sein müsse, Ortsnamen und Jahreszahl enthalte,  ein Gewicht von etwa 80 bis 90 Pfund habe und die Gemeinde des Aufhängen selbst besorge.

Am 19. Juli 1858 wurde diese kleine Schlagglocke auf den Turm gebracht und außerhalb des Turmdaches unter einem neu angelegten kleinen Dache unterhalb der Turmbekrönung aufgehängt. Seit diesem Tage, also 100 Jahre lang, erfreut das Glöcklein alle halbe Stunde mit seinem edlen, hellen, über Holtensen hinaus tönenden Klang die Holtenser Gemeinde.

Nach einer Aufzeichnung vom 17. März 1865 hat Holtensen die Rechnung für die Schlaguhr im Betrage von 50 Reichstalern bezahlt. Eine Notiz vom 24. November 1867 besagt,  um für die Zukunft Irrungen vorzubeugen, werde seitens der Kirche bescheinigt, dass zur Bezahlung der Turmuhr, angekauft im Jahre 1858, alle drei Gemeinden, nämlich Holtensen,  Bredenbeck mit dem Steinkruge und Evestorf beigetragen hätten, und zwar nach dem Beitragsfuße. Die Gemeinde Holtensen habe die kleine Schlagglocke allein bezahlt, die im Juli 1858 angekauft sei, und zwar aus freiem Willen. Die Gemeinde Holtensen sei aber in der Zukunft zur Anschaffung und Unterhaltung der Schlagglocke nicht verpflichtet.

Die beiden an verschiedenen Seiten der Kirche wohnenden Holtenser Kirchenvorsteher Kösel und Rodenberg konnten sich über die Anbringung eines Ziffernblatts am Kirchturm nicht einigen. Damit unterblieb es.

Obwohl die schweren Gewichtsstücke an Hanfseilen hängen und diese Einrichtung sich bis auf den heutigen Tag bewährt hat,  geht sie heute noch so pünktlich wie vor nunmehr 100 Jahren, in welcher Zeit sie etwa 6 000 000 mal geschlagen hat.

August Piepho, Bad Münder